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Praxistest: Sony Ericsson G900
- Datum:
- 07. 08. 2008
- Redakteur:
- Stefan Schomberg
Als zweiter und größerer Vertreter der G-Reihe unterscheidet sich das G900 optisch kaum vom Schwestermodell G700, bietet aber mit WLAN und 5-Megapixelkamera die bessere technische Ausstattung. Wir haben das UIQ-Smartphone genauer unter die Lupe genommen und verraten, ob sich die lange Wartezeit gelohnt hat.
Lieferumfang / Verarbeitung
Als einziges Extra spendiert Sony Ericsson einen Ersatz-Stylus. Ansonsten müssen Lade- und Datenkabel, Kabelheadset, Gebrauchsanweisung in vier Sprachen und eine Daten-CD ausreichen. Schmal ist auch das Handy selbst. Kompakte 106x49x13 Millimeter und 99 Gramm sind deutlich weniger, als die meisten Smartphones mit vergleichbarer Ausstattung in die Waagschale werfen. Alle Kanten sind sanft abgerundet, ein schmales, farblich abgesetztes Band umläuft die Seiten und sorgt mit seiner stark geriffelten Oberfläche dafür, dass das Handy nicht unbeabsichtigt aus der Hand rutscht. Bei der Materialwahl verlässt sich Sony Ericsson allerdings auf einfachen Kunststoff, Designspielereien sind dem G900 völlig fremd. Es erinnert damit weniger an ein umfassend ausgestattetes Smartphone als vielmehr an ein simples Handy.
Die saubere Verarbeitung trägt ihren Teil dazu bei, dass man das G900 ohne schlechtes Gewissen zwischen Schlüsselbund und Kleingeld in der Hosentasche mit sich herumtragen darf. Kratzer sind genauso wenig zu befürchten wie unbeabsichtigt in Geräteinnere dringende Krümel und Staub. Direkt neben dem seitlichen Fastport signalisiert eine grün blinkende LED den StandBy-Betrieb, bei verpassten Anrufen, eingegangenen Nachrichten oder niedrigem Akkustand wechselt sie in ein nervöses Grün- oder Rot-Flackern über. Der Speicherkartenslot versteckt sich unter dem Akkudeckel.
Die ultrakompakte Bauweise fordert ihren Tribut beim Touchscreen-Display. Es erstreckt sich nur auf einer Diagonale von 2,4 Zoll und schafft dabei eine Auflösung von 240x320 Pixel bei maximal 262.144 Farben. Die Inhalte werden hell und kontrastreich dargestellt und sind dank einer transflektiven Beschichtung auch bei starkem Sonnenlicht noch gut ablesbar. Die glatten und breiten Zifferntasten lassen sie sich auch mit großen Fingern noch zielsicher treffen. Da sie äußerst kurze Tastenhübe und knackige Druckpunkte bieten, ist eine SMS schnell getippt. Als Hauptbedienelement neben dem Touchscreen dient der kreisrunde Navkey, der von vier gleich großen Naviationstasten flankiert wird. Auch wenn die Druckpunkte des oberen Tastenpaares ausgeprägter sein könnten, lassen sie sich allesamt gut bedienen.
Ausstattung
Die Fünf-Megapixelkamera (2592x1944 Pixel) des G900 verfügt über einen Autofokus, dessen Ziel sogar mit einer Berührung des Touchscreens manuell bestimmt werden darf. Dazu kommt ein Bildstabilisator sowie zahlreiche Einstellungsmöglichkeiten, die man dank fingerfreundlicher Icons ohne Stylus erreicht. Auffälligstes Merkmal der G900-Fotos ist die hohe Helligkeit, wodurch sie etwas farblos und milchig wirken. Die Bildschärfe ist gut, leidet aber unter Pixelrauschen. Der Blitz ist deutlich zu leuchtschwach und enttäuscht auf ganzer Linie. Zudem verweigert der dringend benötigte Bildstabilisator bei aktiviertem Blitzlicht den Dienst. Wegen der kaum erfühlbaren Kamerataste versucht man stets krampfhaft, den Auslöser mit spitzen Fingern zu treffen. Verwackler sind so vorprogrammiert. Der Visitenkartenscanner, den Sony Ericsson dem G900 spendiert, arbeitet nicht sehr zuverlässig und erkennt meist nur Grundinformationen wie Name, Nachname und Telefonnummer richtig. Die Bildergalerie überzeugt dagegen mit einer gelungenen Präsentation. Die Fotos in einer variablen Thumbnail-Gitteransicht angezeigt und leicht vergrößert in den Vordergrund gestellt, wenn man sie ansteuert. Direkt angewählte Bilder zoomen flüssig in den Vordergrund, bis sie das Display komplett ausfüllen. Jedes Bild kann mit einem oder mehreren Tags belegt werden und wird daraufhin im entsprechenden Ordner angezeigt. Videos werden hier ebenfalls angezeigt, die Videoauflösung enttäuscht allerdings mit nur 320x240 Bildpunkten.
Der Musikplayer des G900 erinnert zwar an aktuelle Walkman-Handys, lässt aber besondere Finessen wie etwa ein Bewertungssystem vermissen. Über ein Kontextmenü aktiviert man Repeat- und Shuffle-Funktion, erstellt Wiedergabelisten oder holt die digitalen Klangpresets in den Vordergrund, die allerdings nur bei angeschlossenen Kopfhörern ihre Stärken ausspielen. 11 Einstellungsmöglichkeiten (darunter auch Megabass) sind vom Hersteller vordefiniert, lassen sich aber nicht vom Nutzer verändern. Ein UKW-Radio ist ebenfalls mit an Bord, das sogar mit Sonderfunktionen brilliert. So kann man angeben, wann es sich automatisch abschalten soll oder sogar als Radioweckerersatz anstelle der typischen Alarmtöne verwenden.
Da beim G900 kein schneller HSDPA-Funk mit an Bord ist, kann der Opera Mobile Browser in Version 8.65 seine Stärken nicht voll ausspielen und krankt an einem UMTS-typisch langsamen Seitenaufbau. Hier hilft WLAN aus der Patsche - allerdings nur, wenn ein Hotspot in der Nähe ist. Webseiten lassen sich auf dem Touchscreen per Fingerzeig verschieben und für bessere Übersicht per Knopfdruck in die Horizontale drehen. Zusätzlich unterstützt eine Zoomfunktion die Übersicht. Das Tab-Konzept gefällt ebenfalls: Auf dem Weg durchs Internet kann man so mehrere Websites gleichzeitig öffnen. Die Suchfunktion und die einfache RSS-Feed-Einrichtung per Stylus komplettieren die Komfortfunktionen des Browsers.
Neben den Standards POP3 und IMAP4 versteht sich das G900 auch auf Push-Emails, die mittels Microsoft Exchange ActiveSync oder Blackberry auf das Handy gelangen. Einen entsprechenden (meist kostenpflichtigen) Server vorausgesetzt, lassen sich nicht nur Emails, sondern auch Kalendereinträge oder Kontakte synchronisieren. Das Smartphone taugt also auch als Firmenhandy fürs professionelle Business. UIQ listet alle Postfächer in einer Nachrichtenzentrale auf, in der man eine Übersicht über den Inbox-Status seiner SMS- und Email-Konten erlangt, sodass sich gerade die Verwaltung mehrerer Mailkonten auf dem System besser gestaltet als z.B. bei vergleichbaren S60- oder Blackberry-Endgeräten. SMS- und Email-Client zeigen acht Zeilen Text untereinander in der Hauptansicht an, sodass man acht Kopfzeilen gleichzeitig im Blickfeld hat. Sowohl für Emails als auch für SMS oder MMS gilt: wer tippen nicht mag, kann auf die Handschrifterkennung zurückgreifen. Die erfordert zwar etwas Übung, funktioniert dann aber überwiegend reibungslos. Alternativ steht auch eine virtuelle QWERTZ-Tastatur zur Verfügung, die allerdings aufgrund der geringen Größe der einzelnen Tasten ausschließlich mit dem Stylus bedient werden muss.
Für ein Businesshandy fällt die Kontaktverwaltung eher durchschnittlich, aber sehr übersichtlich aus. Insgesamt dürfen etwa 20 Informationen gespeichert werden. Die Verwaltung von Geburtstagen bewerkstelligt das G900 besser als viele Geräte der Konkurrenz. Erstellt man einen derartigen Eintrag neu, erfolgt automatisch die Frage, ob dieser Eintrag auch im Kalender vermerkt und per Alarm kenntlich gemacht werden soll. Übersicht benennt auch den großen Vorteil des Kalenders. Generell sollte hier entweder der Stylus oder der NavKey bemüht werden, da - bedingt durch das kleine Display - einzelne Symbole so klein ausfallen, dass ein punktgenaues Ansteuern des Touchscreens mit dem Finger nahezu unmöglich wird. Eingegebene Termine tauchen in der Monatsansicht unmittelbar in einem Vorschaufenster um unteren Display-Bereich auf und geben bereits einen Vorgeschmack auf anstehende Vorhaben. Deren Anzahl symbolisiert ein winziger gelber Balken neben dem Datum, der mit steigender Terminmenge wächst. Wer nicht nur über deren Anfangszeit informiert werden möchte, wechselt mit einem Klick auf diese Auflistung direkt in die Tagesagenda, in der die Dauer der einzelnen Tagesordnungspunkte nicht nur in Zahlen angegeben, sondern auch grafisch aufbereitet wird. Neben der Synchronisierung mit Outlook kann man seine Daten dank Remote Sync auch auf einem Internetserver sichern.
Die Bluetooth 2.0-Schnittsteelle unterstützt nicht nur A2DP zum kabellosen Musikhören, sondern auch PAN für den Aufbau eines Personal Area Network. Autofahrer aufgepasst: SAP für den Zugriff des Kfz auf die SIM-Karte des Telefons wird nicht unterstützt. Die 2D-Leistung enttäusch im JBenchmark, im 3D-Test werden dagegen flüssige 16 bis 18 Bilder pro Sekunde wiedergegeben. An zusätzlichen Programmen spart Sony Ericsson nicht. Dazu gehören neben Umrechner, Timer, Stoppuhr, Rechner auch Quickoffice und PDF+.
Telefonfunktionen / Ausdauer
Das variable Schnellzugriffsmenü am unteren Bildschirmrand ist dank der großen Icons gut mit dem Finger bedienbar, sobald man allerdings in tiefere Menüs vordringt, muss wieder der Stylus gezückt oder auf den NavKey zurückgegriffen werden. Immerhin kann der Stift stecken bleiben, wenn man Kontakteinträge öffnen, Fotos betrachten oder Musik hören möchte. Insgesamt fünf große Icons lassen sich ab Werk mit dem Finger schnell anwählen: Favoritenkontakte, Kalender, Nachrichten, Shortcuts, Hauptmenü. Wem das nicht reicht, der kann noch bis zu sieben weitere Icons in die untere Laufleiste packen. Eine weitere Neuerung, die man auf dem G900 genauso wie auf dem G700 findet, ist die Notizfunktion, bei der mit dem Stylus auf dem Display gemalt oder geschrieben werden kann. Das klappt mit dem Stylus wirklich gut und so können nicht nur Einkaufslisten, sondern auch kurze Wegskizzen festgehalten werden. Trotz der vielen Neuerungen ist das UIQ-System auf dem G900 genauso instabil wie bei den Vorgängern. Während des Testzeitraumes stürzte das G900 auffällig oft ab.
Bei der Telefonie leistet sich das G900 ebenfalls Ausreißer. Die Lautstärke ist zwar hoch und die Stimme des Gegenüber klingt klar und deutlich durch den Telefonielautsprecher. Auch störende Umgebungsgeräusche werden gut gefiltert. Beim Freisprechen könnte die Lautstärke allerdings etwas höher ausfallen, außerdem sind leichte Tendenzen zum Klirren zu vernehmen. Ein größeres Problem ist aber die unterirdische Empfangsleistung. Die Akkuleistung ist nur mäßig, die Kapazität von 960 Milliamphere ist in Anbetracht der Ausstattung einfach zu gering. Im Schnitt erreicht man Ladezyklen von etwa drei Tagen. Bei ständig aktiviertem WLAN, Bluetooth und zusätzlichen Dauertelefonaten verlangt das G900 nach täglichem Energienachschub.
Fazit
Als Sproß der neuen "Generation Web"-Serie erscheint das G900 zunächst als ein Gerät, das alle anspricht, aber keinen wirklich glücklich macht. Die Kamera knipst mit 5 Megapixeln, ist aber von der Qualität der Cybershot-Modelle weit entfernt. Der Musikplayer reicht zwar locker an einen MP3-Player heran, lässt aber einige Features der Walkman-Serie vermissen. Und fürs echte Business taugt das Barrenhandy trotz Exchange-Anbindung auch nur bedingt, weil die physische QWERTZ-Tastatur fehlt. Aber wenn man genauer hinschaut, dann ist eigentlich für jeden was dabei. Zu einem fairen Preis und ohne die Hosentasche auszubeulen. Unverständlich ist, warum Sony Ericsson bei einem Handy mit dem Beinamen "Generation Web" auf schnellen HSDPA-Funk verzichtet, die WLAN-Schnittstelle tröstet aber zum Glück darüber hinweg. Für die Trägheit des Betriebssystems gibt es dagegen keine Entschuldigung. Zwar ist das G900 schneller als alle seine UIQ-Vorgänger, trotzdem ist es langsamer als viele Smartphones anderer Hersteller. Unterm Strich bleibt ein außerordentlich kompakter und gleichzeitig ausgewogen ausgestatteter Alltagsbegleiter ohne Highlights.
Den ausführlichen Praxis-Test gibt es bei Areamobile
Kommentare
Deine Antwort
Marry - 01. 06. 2010 - 17:34 Uhr
Die bekommst du beispielsweise auf amazon.de oder auch in diversen anderen online shops. Sonst kannst du auch im Laden nachfragen , wie zum Beispiel t-mobile , o2 , oder sonstigem , lg
Lukas - 08. 08. 2008 - 19:33 Uhr
Hallo! kann mir jemand sagen wo ich ersatzstifte für das g900 bekomme? ich habe keine mehr.
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